
„Schafe in Tirol“
Tyrolia-Verlag
120 Seiten
Format: 20.5 x 24 cm
Sprachen: Deutsch
ISBN: 978-3-7022-3493-5
39.95 Euro (D)
Mal ehrlich: Schafe genießen in unserem alltäglichen Sprachgebrauch kein allzu hohes Ansehen. Ausdrücke wie schwarzes Schaf, Sündenbock oder Streithammel kennt schließlich jeder. Nicht so Thomas Stoffaneller: Der Fotograf widmete sich fast vier Jahre der Schafhaltung in Tirol. Dabei lernte er unser ältestes Nutz- und Haustier besser kennen – und wirkt in seinem neuen Bildband dem schlechten Ruf der Schafe entgegen.

Alle Jahre wieder
Zu Beginn jedes Sommers treffen sich 25 Hirten, Treiber und Helfer in dem italienischen Örtchen Vernagt in Südtirol, um mit ihren knapp 2.000 Schafen den Weg ins österreichische Ötztal anzutreten. Hier können sie der sommerlichen Hitze und Futterdürre entkommen. Mit dem Einbruch des Herbstes kehren Tier und Mensch zurück, es wird gefeiert, und das Warten auf den nächsten Sommer kann beginnen.

Thomas Stoffaneller schloss sich über drei Jahre dieser Arbeit an. Er begleitete mit seiner Kamera Hirte und Schafe, während sie jeden Sommer mehr als 1.000 Höhenmeter bezwingen.
Ergebnis seiner Arbeit ist ein Bildband, der dem Betrachter das Gefühl gibt, selbst Teil dieser Tradition zu werden.
Ein ausführliches Essay der Reiseschriftstellerin Susanne Schaber zu Beginn des Buches führt in die Thematik ein und liefert interessante Hintergrundinformationen. Sie erklärt, dass der tiroler Schaftrieb „der größte der Alpen ist und auch der einzige, der Staatsgrenzen überwindet“.

Mensch und Tier begegnen sich auf Augenhöhe
Beim Durchblättern der weiten Landschaftsaufnahmen wird die Atmosphäre, mit der sich die Schafe in Obhut ihrer Hirten über feuchte Steigen und Schneefelder kämpfen, förmlich greifbar.
Dass sich hier eine ganz neue Beziehung zwischen Tier, Mensch und Natur entwickelt, machen die durchweg schwarzweißen Aufnahmen mehr als deutlich. Auf fast archaische Weise lebt man hier Seite an Seite.

Wolle, Milch und Fleisch
Doch das Schaf ist nach wie vor nicht zum Kuscheln da. Dessen Erträge sind seit Jahrtausenden begehrte Produkte. Dem Tiere sei Dank. Ausgewählte Bilder von der Wollgewinnung, dem Melkvorgang und der Schlachtung machen auf präzise aber zugleich sensible Weise deutlich: Das Schaf ist ein Nutztier. An Hand kurzer Sätze zu den jeweiligen Aufnahmen nimmt Fotograf Thomas Stoffaneller den Leser mit hinein in die jeweils gezeigt Situation.

Das sagen andere Fotografen über Thomas Stoffaneller:
Giovanni Perna

Giovanni Perna ist Grafiker sowie Fotograf und arbeitet in der Nähe von Stuttgart er als Creative Director in einer Werbeagentur. Von ihm stammt der Schwarweiß-Bildband „Die morbide Schönheit alter Friedhöfe“.
Das beliebte schwarze Schaf
Die Faszination Schaf geht soweit, dass es auch hier ganze Wettbewerbe gibt, bei denen Züchter ihre Tiere vorstellen und – je nach Ausbildung der Rassenmerkmale – Trophäen, Diplome und Medaillen nach Hause tragen. Gerade die schwarzen Bergschafe werden dabei unter Kennern besonders geschätzt, was nicht zuletzt auf ihre Seltenheit als gefährdete Rasse zurückzuführen ist. Wer also in Zukunft als „schwarzes Schaf“ bezeichnet wird, weiß nun sich entsprechend zur Wehr zu setzen!
Auf eindrucksvolle Weise gelingt es Stoffaneller den Alltag der Schafzüchter fotografisch festzuhalten. Seine stark atmosphärisch geprägten Bilder zeugen von Intimität und Momenthaftigkeit. Der Fotograf nimmt seine Betrachter mit in eine für die meisten wohl fremde Form des Alltags.
Mein Fazit
Bereits der außergewöhnliche Schafwolleinband des Bildbandes macht Lust auf mehr! Und man wird nicht enttäuscht, das Buch hält was es verspricht: Neugierig habe ich mich auf den mir völlig fremden Alltag der Tiroler Hirten eingelassen, den die ausdrucksstarken Schwarzweißaufnahmen präsentieren. Sollte mir eines Tages die Decke auf den Kopf fallen, weiß ich jedenfalls, was ich mache: 2000 Schafe auftreiben und dann rauf auf den Niederjoch-Gletscher – Abenteuer pur!